Gegenwind

Gegenwind

Wir sitzen im selben Boot. Gemeinsam müssen wir unseren schweren Alltag bewältigen. Ich bin dankbar, dass mein Mann nicht über Bord gesprungen ist. Sicherlich ergreifen manche Partner die Flucht, anstatt ohnmächtig zuzusehen, wie das Schiff langsam untergeht. Als starker Fels in der Brandung versucht mein Partner unser Schiff tapfer zu steuern.

Leider finden wir keinen gemeinsamen Kurs. Seine Angststrategie ist die Ablenkung, oder noch treffender ausgedrückt die Überforderung. Voller Tatendrang möchte er neben seinem Beruf noch Haushalt und Kinder „wuppen“. Während er dem Schreckensgespenst ausweicht, suche ich es auf. So hindern wir uns gegenseitig daran, innere Ruhe zu finden. Ihn trifft keine Schuld. Wie kann er verstehen, wie es mir geht? Er hat weiterhin eine Zukunft, als alleiniger Versorger der Familie engagiert er sich jetzt mehr denn je. Sein verplantes Leben geht auch ohne mich weiter. Mein Leben, hingegen, bleibt stehen. Meine Gedanken kreisen nur um ein Thema: Wie kann ich Kräfte sammeln, dass ich möglichst lange meine Kinder begleiten darf? Mein Kopf lässt sich nicht austricksen, je mehr Ablenkung ich tagsüber suche, desto mehr Sorgen holen mich nachts ein. Sicherheit erlange ich nur, wenn ich Vorsorgen treffe, falls das Unvermeidliche eintritt – mein Abschied. Ganz einfach, ich muss meinem Schicksal voraus sein!

Mein Mann geht weiter Schritt für Schritt, ich hingegen springe gleich ein paar Jahre voraus und beschäftige mich mit der Planung meiner Beerdigung. Natürlich wird ihm bange, ich bewege mich in unsicheren Gewässern, die er noch nicht kennt. Ehrlich gesagt fürchte ich mich auch. Noch schlimmer, ich fühle mich allein gelassen im Sumpf der Ungeheuer. Würde er mir seine Ängste mitteilen, könnten wir gemeinsam unsere Ungeheuer besiegen. Wir Frauen reden uns leicht, wir lassen andere gerne unsere Sorgen wissen. Ob sich das andere Geschlecht auch mit seinen eigenen Untiefen beschäftigt, bleibt unklar, denn zur Sprache kommt es nicht. Für den männlichen Part funktioniert das gut, für eine Zweierbeziehung wohl kaum. So verausgaben wir uns beide, ich im Reden, er im Schweigen.

Schließlich lade ich ihn ein, uns in der Mitte zu treffen: Ich renne zurück, er eilt voraus. Seite an Seite spazieren wir über den Friedhof. Wir gehen gemeinsam, wir hoffen gemeinsam, wir weinen gemeinsam. Jede Träne trägt ein wenig Kummer fort. Ein kleiner Trost bleibt. Ich bin nicht mehr allein.

Liebe Leserin, lieber Leser, du bist mir wichtig!
Welcher Gegenwind haut dich um?
Fühlst du dich manchmal in deiner Beziehung allein?
Wie baust du eine Brücke zu deinem Partner?

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