Alles ist erlaubt

Alles ist erlaubt

© Federico Marrangoni, https://www.flickr.com/photos/fedebio27/sets/

Erziehung wird überbewertet! Jahrelang kämpfen wir Eltern mit einfachen Benimmregeln. Neunundneunzig Mal kauen wir den Kindern höfliches Benehmen vor in der Hoffnung, dass sie es irgendwann übernehmen, sei es auch erst ab dem hundertsten Male. Wozu? Um die Sprösslinge für das Leben vorzubereiten. Denn Freundlichkeit, Höflichkeit und gutes Benehmen, heißt es, öffnen später alle Türen.

Ganz ehrlich, niemand kann seine Kinder vor dem Leben bewahren. Das Leben geht seinen eigenen Gang. Wer weiß schon, was dem Nachwuchs in der Zukunft blüht? Mit der Diagnose „unheilbar krank“ habe ich mit sechsunddreißig Jahren den Boden unter meinen Füßen verloren. Nach einem Schicksalsschlag setzt man neue Prioritäten. Heute stecke ich meine Energie nicht mehr in Gebote oder Verbote. Mein Blick ist weitsichtiger geworden. Auf Charakterstärke kommt es im Leben an! Im größten Glück sowie Unglück muss man sein Leben selbst gestalten. Eine Überdosis an Selbstvertrauen, Geborgenheit und Liebe möchte ich in meine Töchter versenken, die sie noch Jahre lang durchs Leben trägt.

Deshalb erfand ich unsere „Spaßtage“. Abwechselnd verbringe ich mit jedem Mädchen wunderschöne Stunden, in denen ihre Wünsche im Vordergrund stehen. Als Fee erfülle ich ihre Träume. Mein Liebesvorschuss öffnet die Herzen meiner Kinder. Sie zeigen sich verständnisvoll, höflich und fürsorglich. Sie umsorgen mich, achten auf Pausen, bringen mir Getränke und Kissen. Erziehung gibt es also noch gratis dazu. Wenn man wirklich in Beziehung zu seinen Kindern geht, dann gelingt Erziehung von selbst. Im Alltag fällt das oft schwer, es findet sich keine ruhige Minute, um inne zu halten und sich aufeinander zu besinnen. Unsere „Mädelstage“ unterbrechen das anstrengende Alltagsleben, sie werden zum absoluten Highlight – für uns alle. Mir ist wichtig, dass meine Töchter den Schicksalsschlag nicht nur negativ abspeichern: „Als meine Mutter krank wurde, war meine Kindheit vorbei.“ Natürlich müssen sie Rücksicht nehmen, verzichten, helfen – eigentlich schneller erwachsen werden. Deshalb sollen sie auch Privilegien genießen. So darf meine Große zum zwölften Geburtstag zum Cro-Konzert gehen, bekommt bunte Strähnen ins Haar und ein luxuriöses Handy. Wir Mädels verbringen Wellness-Tage zusammen und lassen uns von Kopf bis Fuß verwöhnen. Die kleine Sechsjährige sitzt wie eine Königin auf dem Thron, lobt die Fußmassage und zeigt stolz ihre schön lackierten Nägel. Unser Leben ist besonders, nicht nur, weil ich krank bin. Es ist ein intensives Leben – an schlechten, aber auch an guten Tagen. Gerade weil die traurigen Stunden überwiegen, brauchen wir glückliche Stunden voller Highlights.

Die Zeit geht, das Schöne bleibt: Die von Freude erfüllten, funkelnden Kinderaugen bleiben mir ewig in Erinnerung.

Liebe Leserin, lieber Leser, du bist mir wichtig!
Was bedeutet Erziehung für dich?
Worauf kommt es dir im Leben an?
Was möchtest du deinen Kindern mitgeben?